Baufinanzierung ohne Eigenkapital für junge Familien: Ein Leitfaden
09.06.2025
Katrin Straub
Geschäftsführerin bei nextsure
Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden ist stark, doch das Sparbuch ist leer. Eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital scheint für viele junge Familien der einzige Weg ins Eigenheim zu sein. Dieser Artikel zeigt, wie eine sogenannte Vollfinanzierung funktionieren kann, welche Voraussetzungen Sie erfüllen müssen und wie Sie die Risiken minimieren.
Das Thema kurz und kompakt
Eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital (Vollfinanzierung) deckt Kaufpreis und Nebenkosten ab, führt aber zu höheren Zinsen und strengeren Bonitätsanforderungen.
Voraussetzungen sind ein hohes, sicheres Einkommen, eine ausgezeichnete SCHUFA-Auskunft und oft ein zweiter Kreditnehmer.
Die Absicherung durch eine Risikolebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung ist unerlässlich, um die Familie vor finanziellen Risiken zu schützen.
Für junge Familien ist der Hauskauf ein großer Schritt, der oft an einer zentralen Hürde scheitert: dem fehlenden Eigenkapital. Wenn das Einkommen zwar stabil ist, aber noch keine Zeit zum Ansparen von 20 Prozent des Kaufpreises oder mehr blieb, rückt die Baufinanzierung ohne Eigenkapital in den Fokus. Diese als 110-Prozent-Finanzierung bekannte Option deckt nicht nur den Kaufpreis, sondern auch die Nebenkosten ab. Sie birgt jedoch höhere Zinsen und strengere Anforderungen. Dieser Leitfaden führt Sie durch die Voraussetzungen, Kosten und notwendigen Absicherungen, um eine fundierte Entscheidung für die Zukunft Ihrer Familie zu treffen.
Vollfinanzierung verstehen: Die 110-Prozent-Lösung
Eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital bedeutet, dass die Bank den gesamten Kaufpreis und zusätzlich die Nebenkosten finanziert. Diese Nebenkosten können je nach Bundesland bis zu 15 Prozent des Kaufpreises ausmachen. Man spricht daher oft von einer 110-Prozent-Finanzierung. Für Banken stellt dies ein erhöhtes Risiko dar, weshalb sie die finanzielle Situation der Antragsteller besonders gründlich prüfen. Ein Zinsaufschlag von bis zu einem Prozentpunkt gegenüber einer Finanzierung mit Eigenkapital ist üblich. Dieses Modell ist vor allem für junge Familien gedacht, die über ein hohes, sicheres Einkommen verfügen, aber noch keine nennenswerten Rücklagen bilden konnten. Die genauen Bedingungen für eine solche Finanzierung sind entscheidend für den Erfolg des Vorhabens.
Anforderungen prüfen: Wer qualifiziert sich für den Kredit?
Banken vergeben eine Vollfinanzierung nur unter strengen Auflagen, um ihr Ausfallrisiko zu minimieren. Eine ausgezeichnete Bonität, nachgewiesen durch einen SCHUFA-Score von über 97 Prozent, ist eine Grundvoraussetzung. Zudem wird ein überdurchschnittliches und stabiles Haushaltseinkommen erwartet; ein Beamtenstatus oder eine unkündbare Anstellung sind hier ideale Voraussetzungen. Viele Institute setzen voraus, dass zwei Partner den Kreditvertrag unterzeichnen, um das Risiko auf zwei Einkommen zu verteilen. Junge Antragsteller unter 40 Jahren werden bevorzugt, da sie eine lange verbleibende Arbeitszeit vor sich haben. Eine detaillierte Haushaltsrechnung ist unerlässlich, um die langfristige Tragfähigkeit der Raten nachzuweisen. Die Erfüllung dieser Kriterien ist der erste Schritt auf dem Weg zur Finanzierungszusage.
Kosten kalkulieren: Mehr als nur der Kaufpreis
Die Gesamtkosten eines Hauskaufs gehen weit über den reinen Immobilienpreis hinaus. Die Kaufnebenkosten sind ein wesentlicher Faktor, der bei einer Vollfinanzierung mitfinanziert werden muss. Diese setzen sich aus mehreren Posten zusammen, die je nach Region und Kaufpreis variieren. Eine genaue Kalkulation ist für den Immobilienkredit ohne Eigenkapital entscheidend.
Hier ist eine Liste der typischen Nebenkosten:
Grunderwerbsteuer: Je nach Bundesland beträgt diese zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises.
Notar- und Grundbuchkosten: Für die Beurkundung des Kaufvertrags und die Eintragung ins Grundbuch fallen etwa 1,5 bis zwei Prozent an.
Maklerprovision: Falls ein Makler involviert ist, teilen sich Käufer und Verkäufer die Provision, wobei der Käuferanteil oft bei circa 3,57 Prozent liegt.
Eventuelle Gutachterkosten: Für ein Wertgutachten können Kosten von 500 bis 1.000 Euro anfallen.
Bei einem Kaufpreis von 400.000 Euro können diese Nebenkosten schnell eine Summe von 40.000 bis 60.000 Euro erreichen. Diese zusätzlichen Kosten müssen bei der Planung der Finanzierungssumme berücksichtigt werden, um die finanzielle Belastung realistisch einzuschätzen.
Risiken absichern: Fundament für die Familienzukunft
Eine so hohe finanzielle Verpflichtung wie eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital erfordert eine lückenlose Familienabsicherung. Der Verlust eines Einkommens durch Tod oder Berufsunfähigkeit kann die gesamte Finanzierung gefährden. Banken fordern daher häufig den Abschluss bestimmter Versicherungen als Kreditsicherheit. Eine Risikolebensversicherung ist oft eine Bedingung, um den Kredit zu gewähren.
Zwei Versicherungen sind hierbei von zentraler Bedeutung:
Risikolebensversicherung: Sie sichert die Familie im Todesfall des Hauptverdieners ab. Die Versicherungssumme sollte mindestens die Höhe des Darlehens abdecken, damit die Hinterbliebenen den Kredit tilgen können und das Haus nicht verkaufen müssen.
Berufsunfähigkeitsversicherung: Diese springt ein, wenn ein Kreditnehmer aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Sie zahlt eine monatliche Rente, die hilft, die Kreditraten weiter zu bedienen und den Lebensstandard zu halten.
Der Abschluss einer Risikolebensversicherung ist für junge Leute oft vergleichsweise günstig. Diese Absicherungen sind keine Nebensächlichkeit, sondern ein unverzichtbarer Baustein für eine sichere Zukunft im Eigenheim.
Langfristig planen: Die Anschlussfinanzierung im Blick behalten
Eine Baufinanzierung ist ein Marathon, kein Sprint, der oft über 30 Jahre dauert. Die erste Zinsbindungsfrist endet in der Regel nach zehn oder 15 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt ist meist noch eine erhebliche Restschuld vorhanden, für die eine Anschlussfinanzierung benötigt wird. Das Zinsänderungsrisiko ist hierbei die größte Gefahr. Sind die Zinsen bis dahin gestiegen, kann die monatliche Rate für den Restkredit deutlich höher ausfallen. Bei einer Vollfinanzierung ist die Restschuld nach der ersten Phase besonders hoch, was das Zinsrisiko weiter verschärft. Es ist daher ratsam, während der ersten Laufzeit Sondertilgungen zu leisten, um die Restschuld so weit wie möglich zu reduzieren. Eine vorausschauende Planung hilft, auch die zweite Finanzierungsphase sicher zu gestalten.
Jetzt individuelle Risikoanalyse anfordern: Lassen Sie Ihre Versicherungssituation kostenfrei prüfen und erhalten Sie konkrete Optimierungsvorschläge.
Weitere nützliche Links
Die Deutsche Bundesbank bietet einen detaillierten Bericht über die aktuelle Entwicklung des Immobilienmarktes in Deutschland.
Wikipedia bietet einen umfassenden Überblick über das Thema Baufinanzierung.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) stellt Forschungsergebnisse und Analysen zum deutschen Immobilienmarkt bereit.
FAQ
Welche Voraussetzungen muss ich für eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital erfüllen?
Sie benötigen eine hervorragende Bonität (hoher SCHUFA-Score), ein überdurchschnittliches und sicheres Einkommen (z.B. als Beamter oder in unbefristeter Anstellung), idealerweise einen zweiten Kreditnehmer und sollten jünger als 40 Jahre sein.
Welche Risiken birgt eine Vollfinanzierung?
Die Hauptrisiken sind höhere Zinsen, eine längere Kreditlaufzeit und eine höhere monatliche Belastung. Zudem besteht ein hohes Zinsänderungsrisiko bei der Anschlussfinanzierung und bei einem Notverkauf der Immobilie kann eine Restschuld verbleiben.
Welche Versicherungen sind bei einer Finanzierung ohne Eigenkapital wichtig?
Eine Risikolebensversicherung ist essenziell und wird von Banken oft gefordert, um den Kredit im Todesfall abzusichern. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung schützt Sie und Ihre Familie vor den finanziellen Folgen eines Einkommensausfalls durch Krankheit oder Unfall.
Gibt es staatliche Förderungen für junge Familien?
Ja, das KfW-Programm „Wohneigentum für Familien“ (300) bietet zinsgünstige Kredite für Familien, die bestimmte Einkommensgrenzen einhalten und klimafreundlich bauen oder kaufen. Dies kann die Finanzierungskosten senken.
Was sind Kaufnebenkosten und wie hoch sind sie?
Zu den Kaufnebenkosten zählen die Grunderwerbsteuer (3,5 % - 6,5 %), Notar- und Grundbuchgebühren (ca. 2 %) sowie eventuelle Maklerkosten (ca. 3,57 %). Insgesamt sollten Sie mit etwa 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises rechnen.
Was passiert nach Ablauf der Zinsbindung?
Nach Ende der Zinsbindungsfrist (meist 10 oder 15 Jahre) bleibt eine Restschuld, für die Sie eine Anschlussfinanzierung benötigen. Sind die Zinsen bis dahin gestiegen, kann Ihre neue monatliche Rate höher ausfallen.








